Der Schulalltag ist oft geprägt von einer Fülle an Anforderungen, Maßnahmen und Projekten. Immer wieder kommen neue Aufgaben hinzu, selten wird Altes hinterfragt oder bewusst beendet. Doch genau hier setzt ein neuer Denkansatz an: Es gilt Belastungen nicht nur besser zu bewältigen, sondern sie gezielt zu verringern oder ganz zu vermeiden. Nicht alles, was zusätzlich eingeführt wird, ist automatisch hilfreich. Die zentrale Frage lautet dabei: Wie kann Schule aufhören, Maßnahmen fortzuführen, die sich nicht bewährt haben, um so Kräfte zu bündeln und die Qualität schulischer Arbeit nachhaltig zu stärken? Manchmal liegt der größere Gewinn im Weglassen. Der Bildungsforscher und Schulpsychologe Benedikt Wisniewski weist darauf hin, dass Schulen oft nicht an einem Mangel an Konzepten leiden, sondern vielmehr an einem Zuviel davon (vgl. Deutsches Schulportal, 2023). Seiner Ansicht nach fehlt es häufig nicht an neuen Ideen, sondern am Mut, Überholtes konsequent wegzulassen. Wisniewski beschreibt diesen Prozess als De-Implementierung – also das bewusste Zurücknehmen oder Beenden von Maßnahmen und Routinen, die sich als wenig wirksam oder überflüssig erwiesen haben, um so Raum für nachhaltige und wirksame Schulentwicklung zu schaffen.
Eine psychologische Perspektive auf dieses Thema liefert eine Studie der Professorin für Politikwissenschaften und Psychologie Gabrielle Adams et al. (2021). Sie zeigt, dass Menschen dazu neigen, Probleme durch zusätzliche Maßnahmen zu lösen und die Möglichkeit, etwas zu vereinfachen oder zu reduzieren, oft übersehen.
Wer sich intensiver mit konkreten Lösungsansätzen zur Entlastung von Schulen befassen möchte, findet praxisnahe Impulse im Buch von Benedikt Wisniewski:„Weniger macht Schule: Wie De-Implementierung schulische Freiräume schafft“.
Anknüpfung an die schulpsychologische Arbeit im Kreis Borken
In der Beratungspraxis erleben wir immer wieder, wie Schulleitungen und Lehrkräfte mit vielfältigen Anforderungen konfrontiert sind. Hier setzt unsere Arbeit an: Gemeinsam mit Schulen schauen wir, welche Maßnahmen wirklich unterstützen – und wo es entlastend wirken kann, Dinge bewusst nicht weiterzuverfolgen.
Fazit
Reduktion ist kein Rückschritt – im Gegenteil: Sie kann zu mehr Klarheit, Wirksamkeit und Zufriedenheit führen. Die Schulpsychologie kann hier Impulse setzen, um Schulen dabei zu begleiten, Belastungen zu reduzieren und Prioritäten neu zu ordnen.
Zum Weiterhören empfohlen
Wer tiefer in das Thema eintauchen möchte, findet in der Podcastreihe „Die Schule brennt“ anregende Gespräche. Besonders hörenswert: Folge 19 mit spannenden Perspektiven rund um die Frage, wie Schule entlastet werden kann. Hier geht es zu der Podcast-Folge.
(Text: Joyce Bitters)
Quellen
https://deutsches-schulportal.de/expertenstimmen/was-schulen-fehlt-ist-der-mut-zum-weglassen/