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Forschungsstudie der Uni München an der Jodocus Nünning Gesamtschule durchgeführt

Prof. Dr. Schäfer erklärt den Schüler*innen den Ablauf.

Schülerinnen und Schüler als wichtige Beobachtende in Mobbing-Studie / Regionale Schulberatungsstelle des Kreises Borken begleitet die Untersuchung.

Zwei Tage lang war ein Forschungsteam der Ludwigs-Maximilians-Universität München zu Gast an der Jodocus Nünning Gesamtschule Borken (JNG), um dort eine Studie zum Thema Mobbing durchzuführen. Ziel der Studie, so Studienleiterin Prof. Dr. Mechthild Schäfer, sei es, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie sehr Schülerinnen und Schüler über die sozialen Beziehungen innerhalb ihrer Lerngruppe Kenntnisse haben und wie diese für eine gezielte Mobbingprävention eingesetzt werden können. Schließlich solle so ein optimales Lernklima geschaffen werden. Teilnehmende der Studie sind die Jahrgänge 8 und 9 der Gesamtschule. Ein konstruktives und freundliches Klassenklima trägt erheblich dazu bei, dass Kinder und Jugendliche ihre Fähigkeiten entfalten können und sich motiviert den Lern- und Leistungsherausforderungen stellen. Auf der anderen Seite beanspruchen Pubertät und alle damit verbundenen Veränderungen und Konfliktfelder Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit, worunter nicht selten die Konzentration auf schulische Belange leidet. Altersgemäße Ambitionen, wie das Streben nach Zugehörigkeit und das Messen und Vergleichen mit Gleichaltrigen, nehmen maßgeblich Raum im sozialen Miteinander der Klassen ein.

Die Studie beschäftigt sich deshalb mit den Einflüssen, die soziale Beziehungsgefüge erzeugen. Sie besteht aus zwei Teilen: Zunächst werden die Jugendlichen zu ihrer Situationswahrnehmung und zu ihrer Klassengemeinschaft befragt. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler als "teilnehmende Beobachtende" zu ihrem sozialen Umfeld befragt – sie selbst sind ja Expertinnen und Experten für das, was in ihrer Klasse passiert. Dies hat sich in den letzten Jahren als Methode erwiesen, die der Selbst- und Lehrendenauskunft deutlich überlegen ist und daher auch im Rahmen dieser Studie eingesetzt wird. Im zweiten Teil geht es um die Schülerschaft selbst. Hannes Letsch, Doktorand bei Prof. Dr. Mechthild Schäfer und Versuchsleiter, erklärt: "Das Besondere ist, dass neben den Befragungen auch physiologische Daten erhoben werden, die uns zeigen, wie sensibel die einzelnen Jugendlichen auf verschiedene soziale Situationen reagieren und diese einschätzen."

Zum Hintergrund: Prof. Dr. Mechthild Schäfer ist die führende Mobbingforscherin in Deutschland. Durch ihre Forschungen konnte ein Paradigmenwechsel in der Prävention von Mobbing vollzogen werden: War es früher die Täter-Opfer-Beziehung, die Ziel der Prävention/Intervention war, ist es nun die Sicht auf die gesamte Gruppe, in der Mobbing stattfindet. "Erhöhen wir die soziale Kompetenz der Gruppe, Vorläufer von Mobbing zu erkennen und niedrigschwellig darauf zu reagieren, kann eine große Zahl von Mobbingvorfällen vermieden werden. Daher ist unser Ziel, aufbauend auf die Ergebnisse dieser Studie, die Lehrerausbildung und -fortbildung weiterzuentwickeln." Vor Ort begleitet wurde die Untersuchung von der Regionalen Schulberatungsstelle des Kreises Borken (RSB). Ihr Leiter, Dr. Sascha Borchers, hatte den Kontakt zwischen der Schule und der Uni München hergestellt. Um die umfassende Datenerhebung auch personell stemmen zu können, unterstützte die RSB Borken an beiden Untersuchungstagen mit einigen Mitarbeitenden. Er erläutert das Interesse der Schulpsychologen am Thema: "Es gibt keine Gruppe, die nicht anfällig für Mobbing ist bzw. in der es nicht mindestens latente Mobbingstrukturen gibt. Daher ist dies für uns Schulpsychologinnen und -psychologen ein großes Themenfeld unserer Arbeit. Wir profitieren hier von der Möglichkeit, aktuellste Forschungsergebnisse hautnah in unsere Interventions- und Präventionsarbeit einfließen zu lassen."

Die Jodocus Nünning Gesamtschule selbst plant, aufbauend auf der Studie, sich weiter mit dem Thema auseinanderzusetzen. "Fächerübergreifend sind nach der Datenerhebung mit den beteiligten Jahrgängen verschiedene Projekte angedacht, in denen Aspekte der Studie in den Unterricht integriert werden sollen", erklärt Stefanie Tünsmann, stellvertretende Schulleiterin. "Für den Bio-Unterricht bietet sich das Thema Hautleitmessung und Stressempfinden an, die Mechanismen von Mobbing können in Klassenleiterstunden diskutiert werden, das Erstellen von Fragebögen und Datenauswertung in Mathematik und Informatik." Auch Schulleiter Carsten Kühn begrüßt das Projekt: "Neben der Beschäftigung mit einem Thema, vor dem wir auch nicht die Augen verschließen, können wir so den Schülerinnen und Schülern einen praktischen Einblick in wissenschaftliches Arbeiten geben – ‚hautnäher‘ geht es nicht!" Das spiegelt sich auch in den Aussagen einiger Expertinnen und Experten – der Schülerschaft selbst – wider: "Spannend, an sowas teilzunehmen! Ich finde es voll cool, dass später die Lehrenden was von dem lernen, was wir heute hier gemacht haben!"

 

Weitere Informationen:

Angebote von Prof. Dr. Mechthild Schäfer im Internet

Website und Mobbing-Broschüre der Regionalen Schulberatungsstelle des Kreises Borken

Pressekontakt: Ellen Bulten 02861 / 681-2427

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